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Selbstbewusst führen: So lässt du dich nicht von Widerstand überraschen
Als Führungskraft oder Manager:in kennst du das bestimmt zur Genüge: Ständige Diskussionen, obwohl die Entscheidung längst gefallen ist. Du musst hinterherlaufen, um die nötigen Informationen zu bekommen. Vielleicht wirst du sogar persönlich für dein Handeln angegriffen. Erfahrene Manager:innen haben für solche Situationen meist schon eine Vorstellung, wie sie damit umgehen werden. Aber was ist, wenn du noch ganz am Anfang stehst oder ein ganz neues Team hast? Dann kann dich negatives Verhalten ziemlich verunsichern.
Eines ist klar: Widerstand verschwindet selten von selbst. Und wenn du falsch reagierst, machst du die Ablehnung vielleicht nur noch schlimmer. Bevor du handelst, solltest du dir also ein gutes Bild davon verschaffen, ob es überhaupt um dich oder dein Projekt geht und was hinter dem Widerstand steckt.
Wie Widerstand in Erscheinung treten kann
Widerstand ist ein vielschichtiges Phänomen, das sich auf vielfältige Weise äußern kann. Manchmal ist er offensichtlich, manchmal verbirgt er sich hinter subtilen Signalen.
- Offene Ablehnung: Deine Mitspieler:innen äußern offen ihre Bedenken oder ihre Ablehnung gegenüber einer Veränderung. Es werden Gegenargumente vorgebracht, direkt kritisiert oder sogar polemisch kommuniziert. Personen oder geplante Aktionen werden lächerlich gemacht.
- Pochen auf Formalitäten: Ein sehr beliebtes Instrument des aktiven Widerstands ist das Pochen auf Regeln und Formalitäten. Hier verweigern deine Mitspieler:innen die wohlwollende Zusammenarbeit, indem sie bestimmte Dinge eben nicht flexibel, informell handhaben. Sie spielen ihre eigene Rollenmacht aus, soweit sie können, ohne sich offiziell gegen dein Projekt zu stellen.
- Nonverbale Signale: Ein verschränkter Arm, ein verärgerter Blick oder ein lauter Seufzer können bedeuten, dass Unbehagen oder Ablehnung empfunden wird.
- Passiver Widerstand: Bei dieser Strategie wird der Widerstand eher indirekt ausgedrückt, um offene Konflikte zu vermeiden, aber dennoch den Veränderungsprozess zu behindern. So werden Aufgaben nicht, unvollständig oder zu spät erledigt. Es kann aber auch sein, dass sich Teammitglieder aus sozialen Interaktionen zurückziehen, Besprechungen meiden oder isoliert arbeiten.
- Gerüchte und Intrigen: Eine weitere Strategie des Widerstands sind Gerüchte: Durch Andeutungen, Behauptungen, Falschaussagen oder Übertreibungen negative Stimmung gegen dich, das Projekt oder die Veränderung zu verbreiten. Wenn sich mehrere Personen zusammentun und z.B. mächtige Personen beeinflussen oder Fakten schaffen, um dein Projekt zu untergraben, spricht man von Intrigen.
Wann sprechen wir eigentlich von Widerstand?
Es ist wichtig, zwischen normaler Kritik und echtem Widerstand zu unterscheiden. Kritik kann konstruktiv sein und zur Verbesserung einer Idee beitragen. Bei Kritik geht es um die Sache. Es geht darum, Fehler zu vermeiden oder Dinge besser zu machen. Und das ist im Grunde genommen etwas sehr Nützliches.
Im Gegensatz dazu ist Widerstand oft emotional motiviert. Er zielt darauf ab, Veränderungen zu verhindern.
Widerstand entwickelt sich oft aus der Angst vor (tatsächlichem oder erwartetem) Verlust. Zum Beispiel von Sicherheit und Kontrolle, was Überforderung oder Arbeitsplatzverlust bedeuten kann. Oder es geht um den Verlust von Status, Einfluss, Autonomie und Entscheidungsfreiheit. Manchmal ist auch Ärger über (reale oder vermutete) Ungerechtigkeit und Benachteiligung ein Auslöser. Und manchmal geht es auch um Enttäuschung und Vertrauensverlust.
Aber nicht jeder negative Kommentar oder jede steile Stirnfalte muss gleich Widerstand bedeuten. Jeder hat mal einen schlechten Tag oder private Sorgen. Die Gründe für ablehnendes Verhalten können, müssen aber nicht in deinem Projekt liegen. Manchmal gibt es auch Zielkonflikte oder historische Ereignisse (die „Vorgeschichte“), von denen du (noch) nichts weißt.
Rechtzeitig handeln und der Sache auf den Grund gehen
Wenn es Widerstand gibt, dann ist das ein Konflikt. Und wir alle wissen, dass Konflikte eskalieren und auf andere Bereiche übergreifen können. Man denke nur daran, wie aus kleinen Montagsdemonstrationen der Fall der Berliner Mauer wurde. Nun hat ein Unternehmen natürlich eine andere Sanktionsmacht als ein Staat. Aber keine Organisation kann und will sich langwierige Konflikte mit all den negativen Folgen leisten.
Es gibt daher gute Gründe, negativem Verhalten schnell nachzugehen und möglichst entgegen zu steuern, bevor es zu einem größeren Konflikt wächst.
1. Direkte Ansprache: Am effektivsten ist es natürlich, die Person direkt auf ihr Verhalten anzusprechen, am besten unter vier Augen. Vielleicht so: „Ich habe den Eindruck, dass du nicht einverstanden bist. Liege ich da richtig?" oder "Woran lag es, dass du die Information erst später als vereinbart geben konntest?". So kannst du herausfinden, ob der Grund für das Verhalten etwas mit dir oder dem Projekt zu tun hat. Versuche dabei, zunächst offen und möglichst einfühlsam zuzuhören und nicht zu urteilen. Es ist wichtig, die Gründe bzw. die Logik deines Gegenübers gut zu verstehen.
2. Achtsame Beobachtung: Manchmal kommt man im persönlichen Gespräch nicht weiter, weil die Antworten diffus sind. Oder weil du aufgrund der Hierarchie nicht offen sprechen kannst. In diesem Fall beobachte die Situation achtsam weiter, mache dir Notizen und sammle zusätzliche Informationen, indem du z.B. mit Dritten sprichst.
3. Gespräche mit erfahrenen Dritten: Es ist hilfreich, sich mit Personen auszutauschen, von denen du glaubst, dass sie einen guten Überblick über die Organisation haben. Oder auch jene, die schon lange da sind. Machen sie dieselben Beobachtungen? Wie ordnen sie diese ein? Hat das Verhalten ihrer Meinung nach etwas mit Ihnen oder dem Projekt zu tun? Oder ist das Verhalten eher typisch für die Person? Welche Erfahrungen gibt es bereits aus anderen Projekten? Wenn man neu in eine Organisation kommt, stößt man auf Widersprüche. Vielleicht eilt dir ein „Ruf“ voraus, von dem du nichts ahnst, oder dein Thema hat eine heikle Vorgeschichte. Gerade dann ist es gut, wenn du deine ersten vertrauten Kontakte so viel wie möglich „befragst“.
4. Nah am Puls bleiben: Gewöhne dir an, in Teambesprechungen über die Zusammenarbeit und die Stimmung im Team zu sprechen, um kritische Punkte schneller und besser zu erkennen. Frage die Teilnehmer:innen am Anfang oder Ende eines Workshops, wie es ihnen (mit dem Projekt) geht, was sie sich erwarten und was sie brauchen, damit sie gut arbeiten können. Am Anfang ist es für viele ungewohnt, ihre Ansichten und Befindlichkeiten offen zu äußern. Aber wenn der Anfang gemacht ist, gewöhnen sie sich schnell daran. Wenn du mit dieser Methode neu anfängst, solltest du zunächst deine Befindlichkeiten und Erwartungen offenlegen, um Vertrauen aufzubauen.
5. Stakeholderanalyse: Bei größeren und komplexeren Projekten empfehle ich dir grundsätzlich, immer eine Stakeholderanalyse bzw. Kraftfeldanalyse durchzuführen. Dabei betrachtest du systematisch das soziale Umfeld deines Projektes. Du schätzt ab, welche Stakeholder welchen Einfluss haben und ob sie deinem Vorhaben positiv gegenüberstehen. So kannst du dich im Voraus auf mögliches Verhalten einstellen.
Fazit
Um Widerstand zu erkennen, ist es wichtig, die Beteiligten genau zu beobachten und mit ihnen zu sprechen. Auch die systematische Bearbeitung von Widerstand mit einer Stakeholderanalyse kann hilfreich sein. Der Umgang mit Widerstand ist nicht immer einfach, aber mit den richtigen Methoden kannst du Widerstände frühzeitig erkennen und souverän darauf reagieren.
Und jetzt bist du besonders gefragt: Wie weit lässt du dich auf die Stimmung und die Argumente deines Gegenüber ein? Welche eigenen Erfahrungen und Werte prägen deine Haltung? Wo liegt es einfach an den Betroffenen und wo liegt es an den (geplanten) Verhältnissen? Welche Verhältnisse kannst du so beeinflussen, dass beide Seiten zufrieden sind? Und wo musst du jetzt einfach stark sein?
Hier gibt es keine Patentrezepte. Aber gerne gebe ich dir weitere Informationen und Anregungen.