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Roter Alarm bei Tunnelblick: Signale für drohenden Burn-Out

Gestern habe ich nach langer Zeit einen Bekannten wieder getroffen, mit dem ich mich früher viel über Projektmanagement ausgetauscht hatte. Dieser Bekannte sah blendend aus, war fröhlich und ausgeglichen. So hatte ich ihn am Ende seines letzten Projekts nicht erlebt. Er war genervt, ging bei jeder Kleinigkeit hoch und war permanent in einer Abwehrreaktion. Sein Gesprächsbeitrag war ziemlich einseitig: Was er derzeit alles nicht schafft, weil er ja noch so vieles zu tun hat! Es war, als steckte mit seiner Wahrnehmung in einem Tunnel. Das Erlebnis des Tunnelblicks verbindet uns, denn auch ich war schon davon befallen. Aber wie kommt es überhaupt so weit?
Wie ein Tunnelblick entsteht
Zu Anfang steht eine kritische Situation für das Projekt und Sie als Projektverantwortlichem. Das kann ein chronisch unterbesetztes Projektteam sein oder plötzlich auftretende Umstände wie ein erkrankter, zentral wichtiger Kollege oder eine unvorhergesehene Zusatzanforderung, die unbedingt umgesetzt werden muss. Dieser Anlass löst Druck oder auch starke innerliche Befürchtungen beim Projektverantwortlichen aus. Möglicherweise haben Sie Sorge, die Kontrolle zu verlieren oder keine Anerkennung mehr zu bekommen oder als inkompetent oder faul dazustehen. Um diesen Befürchtungen zu entgehen und das Projekt wieder auf „die Spur“ zu bringen, entwickeln Sie Gegenmaßnahmen. Sie werden also vielleicht mehr und länger arbeiten, um Zeit aufzuholen. Sie werden aber vielleicht auch öfter nachkontrollieren oder noch mehr im Detail arbeiten. Oder Sie nehmen Dinge einfach selbst in die Hand, die Sie in Ihrer Rolle gar nicht machen sollten. Ihr Blick verengt sich auf die aus Ihrer Sicht ultrawichtige Gegensteuerung. Aber das Projekt dreht sich weiter. Es kommen - wie es bei Projekten so ist - immer weitere Komplikationen dazu. Bis das Projekt beendet ist wird es immer etwas geben, das Sie noch nicht erreicht haben. Am Ende bildet sich ein Negativ-Kreislauf. Der Blick auf das Unerreichte erzeugt Angst und führt zu noch mehr Fokus auf das, was noch nicht erreicht ist.
Menschen mit Tunnelblick haben das Gefühl, dass sie den Anforderungen einfach nicht gewachsen sind, egal was sie tun – und sind total fixiert darauf, sich durchzubeißen. Das erzeugt zum bereits vorhandenen Stress noch eine zusätzliche Belastung. Wichtig ist nun zu wissen, dass es hier um ein GEFÜHL geht. Das heißt, Sie fühlen die Bedrohung und für Sie ist sie völlig real. Die Frage ist nur, ob die Situation im gegenwärtigen Moment tatsächlich so bedrohlich ist.
Und hier kommen wir zu einem ganz zentralen Merkmal des Tunnelblicks, nämlich dass er auch dann bleibt, wenn sich der objektive Anlass für die Befürchtungen im späteren Verlauf abschwächt oder völlig verschwindet. Der Tunnelblick entwickelt sich schleichend. Stück für Stück wird alles rechts und links des eigenen Fokus ausgeblendet, bis es nicht mehr existiert.
Was den Tunnelblick so gefährlich macht
Menschen mit Tunnelblick sind einseitig darauf konzentriert, die wahrgenommene Gefahr zu bannen. Das macht sie ineffektiv ab dem Punkt, ab dem die wahrgenommene Gefahr nicht mehr mit der objektiven Gefahr für das Projekt übereinstimmt. Sie machen Extraarbeit wie zum Beispiel zusätzliche Kontrollen und Überstunden, in denen sie aber schon längst nicht mehr produktiv sind. Dieser Punkt ist kritisch für Projektmanager, die ja Time/Quality/Budget und die Zufriedenheit von Team und Stakeholdern als Ganzes im Blick haben sollten. Tun sie das nicht, könnte ihr Projekt ernsthaft Schaden nehmen.
Der Tunnelblick kann auch der Karriere schaden. Als Projektleiter sollten Sie stets den Überblick behalten, und für Ihre Kontakte da sein. Wenn Sie jedoch nur noch auf Ihr Problem fixiert sind und keine Zeit mehr für die Pflege Ihrer Beziehungen haben, dann werden sowohl Sie wie auch Ihr Umfeld darunter leiden. Reagieren Sie dann noch genervt und strahlen Angst aus, dann könnte auch nach Außen ein Bild entstehen, dass Sie der Situation nicht gewachsen sind.
Die gefährlichste Eigenschaft des Tunnelblicks ist jedoch, dass er ein Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Burn-Outs sein kann. Vielleicht beginnen Sie zunächst, keine Pausen mehr zu machen und auch am Abend, in der Nacht oder am Wochenende zu arbeiten. Unnötige Termine wiegeln Sie ab. Es gibt keine Gespräche mehr am Kaffeeautomaten. Familientermine nehmen Sie nur eingeschränkt wahr und treffen nach und nach keine Freunde mehr. Sie fühlen sich zunehmend frustriert. Geht das über längere Zeit, so kann es sich sogar zu einer Depression entwickeln. Daher ist es wichtig, dass Sie erkennen, dass Sie sich in einem Tunnel befinden und möglicherweise auf dem Weg zu einem Burn-Out sind.
Rechtzeitig die Warnsignale erkennen
Gerade weil es typisch für den Tunnelblick ist, dass man rechts und links nichts mehr wahrnimmt und seine Sicht auf die Welt für völlig richtig hält, ist es sehr schwer, dem Tunnelblick auf die Spur zu kommen. Achten Sie daher auf folgende Warnsignale:
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Fragen Sie Freunde und Kollegen nach einem Feedback. Holen Sie sich einen Blick von Außen ein. Je schneller Sie die Anzeichen erkennen und ernst nehmen, desto eher können Sie die negativen Folgen des Tunnelblicks für Sie, Ihr Projekt und Ihr Umfeld vermeiden.