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Karrierekiller Selbstzweifel
Halten dich Unsicherheit und Selbstzweifel immer wieder davon ab, im Job Grenzen zu ziehen und für deine Sache einzustehen? Hast du das Gefühl, dass das ziemlich viel deiner Energie blockiert?
In meinen Coachings habe ich immer wieder Klient:innen, die genau unter dieser Situation leiden. Gerade erst habe ich mit einer Führungskraft daran gearbeitet, ihre Bedürfnisse klar zu kommunizieren und Grenzen zu setzen.
Menschen mit vielen Selbstzweifeln tendieren dazu, die Schuld für Situationen, die sie als ungerecht, „schräg“ oder sogar übergriffig erleben, zuerst bei sich zu suchen. Sie fragen sich, ob sie etwas falsch gemacht haben oder ob sie einfach zu empfindlich sind. Liegt es an ihrer fehlerhaften Persönlichkeit oder Inkompetenz, dass es so weit gekommen ist? Das führt häufig in Grübelschleifen. Und das ist sehr belastend. Für die Betroffenen, aber auch für ihr privates Umfeld. Kommt dir das bekannt vor?
Besonders schwierig wird es, wenn sich in der Zwischenzeit schon so viele Emotionen aufgestaut haben, dass es kaum noch möglich ist, aus einer souveränen Haltung heraus Stellung zu beziehen und etwas zu verändern. Dann platzt dir vielleicht im unpassenden Moment der Kragen, was die Situation nur noch verschlimmert. Oder es kommt zum Rückzug ins innere Schneckenhaus und sogar zur inneren Kündigung. Das wird auf Dauer ganz konkret deine Karriere beeinflussen.
Grundsätzlich ist ja ein gesundes Maß an Selbstzweifel sehr sinnvoll. Sie bewahren dich vor schweren Fehlern und sie machen dich anschlussfähig. Aber das sollte nicht dazu führen, dass du dich zu lange belastenden Situationen aussetzt und deine Energie verlierst, den Zustand in deinem Sinne zu verbessern.
Ich finde, dass das nicht andauern sollte. Weder für dich, noch für die Organisation, in der du tätig bist. Und daher möchte ich dir Mut machen und ein paar Informationen zur Verfügung stellen.
Du bist nicht allein
Selbstzweifel im Job sind weit verbreitet. Das ist nicht nur meine Wahrnehmung, sondern das belegt z. B. eine Studie des Institute of Leadership and Management in Großbritannien von 2011*. Sie fand heraus, dass die Hälfte der befragten weiblichen Manager ihrer beruflichen Leistung und Karriere zweifeln, und etwas weniger als ein Drittel der Männer. Übrigens sagt das ebenfalls aus, dass mehr Frauen von Selbstzweifeln betroffen sind als Männer. Ich frage mich, ob das nicht auch ein Grund ist, warum wir in Deutschland nur 29 Prozent weibliche Führungskräfte haben**?
Was Zweifel und Unsicherheit begünstigt
Viele Zweifler leiden nicht nur an ihren Selbstzweifeln, sondern sie machen sich das auch noch zum Vorwurf. Dabei hast du nicht alles selbst in der Hand. Es kann sein, dass Erfahrungen und Einflüsse von Außen an deiner Einstellung mitwirken. In der Wissenschaft kennt man zum Beispiel:
- Negative Erfahrungen in der Kindheit: Menschen neigen zu selbstkritischen Gedanken und Selbstabwertung, wenn sie von ihren Eltern abwertendes oder emotionsloses Verhalten erfahren haben. Oder wenn sie ständige Kritik oder zu hohe Erwartungen erlebt haben, die sie nie erfüllen konnten. Sie haben dann gelernt, dass sie von Natur aus unzulänglich sind.
- Biologische Gründe: Das Hormon Testosteron, von dem bekanntlich Männer mehr und Frauen weniger haben, führt zu mehr Risikobereitschaft und „Aggressivität“. Der Hormonspiegel bei Frauen sorgt „von Natur aus“ für ein Verhalten, das eher auf Harmonie und Anpassung ausgerichtet ist. Damit haben Männer einen Vorteil, wenn sie für sich und ihr Anliegen kämpfen wollen.
- Die Sozialisation in der Schule***. Ein interessanter Ansatz geht darauf ein, dass die Schule Leistung und angepasstes, braves Verhalten belohnt. Im Berufsleben ist aber weniger Wissen sondern auch Wettbewerbs- und Konfliktfähigkeit und Risikobereitschaft gefragt. Das benachteiligt und verunsichert vor allem (brave) Mädchen. Sie fühlen sich nicht kompetent und wagen sich nur vor, wenn es hundertprozentig sicher ist.
Die gute Nachricht lautet: du bist nicht auf deine früheren Erfahrungen festgelegt. Du kannst immer dazulernen und dich weiter entwickeln.
Doch wie gerechtfertigt sind deine Zweifel jetzt wirklich? Und was hilft weiter?
Wie gerechtfertigt deine Zweifel in Bezug auf eine wahrgenommene berufliche Situation sind, kann dir im Alltag zunächst das Gespräch mit Anderen zeigen. Es braucht manchmal Mut sich zu öffnen und mit Peers über deine Situation auszutauschen. Aber so bekommst du schnell ein Gespür dafür, ob es „an dir“ liegt, oder ob es ein externes, systemisches Problem ist. Es also an deinem Umfeld bzw. Gegenüber liegt.
So hat es übrigens auch meine Klientin gemacht und festgestellt, dass viele andere das gleiche Problem haben. Das war schon eine erste große Entlastung für sie. Und es hat ihr Veränderungsenergie gegeben, weil sie gemerkt hat: das ist nicht ok, das sollte ich mir nicht bieten lassen.
Falls du keine Kolleg:innen fragen kannst oder es sich um ein systemisches Problem handelt und du nicht weiter weißt, dann suche dir Unterstützung bei einem erfahrenen Coach oder einer Mentorin. Die haben normalerweise einen guten Blick von Außen, um mit dir zu schauen, wo du ansetzen kannst.
Und auch wenn es sich platt anhört - das beste Mittel gegen Selbstzweifel ist immer: Ausprobieren, das klärende Gespräch suchen und möglichst viele gute Erfahrungen machen. Bessert sich die Situation nach deiner Intervention, fühlst du dich beim nächsten Mal sicherer und wirst unklare bzw. kritische Themen schneller ansprechen. Wichtig ist es, nicht zu lange zu warten, sondern relativ bald zu handeln, bevor sich zu viel aufgestaut hat.
Und falls die Situation nicht besser wird? Du hast in jedem Fall wertvolle Erfahrungen gewonnen, die dir helfen werden, die nächsten Schritte zu planen. Und die andere Seite wird dich mehr respektieren, weil du Leitplanken gesetzt hast.
Nützliches
* Link zur Studie des Institute of Leadership and Management
** Stand 2023, Statistisches Bundesamt
*** Prof. Margrit Stamm in der NZZ (Link)
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